Cicada 3301. Auf den ersten Blick eine schlichte Typenbezeichnung. Aber seit dem 5. Januar 2012 verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung eines der größten bisher bekannten Phänomene im Internet. Es handelt sich um ein mehrstufiges Rätsel, an welchem sich Tausende versucht haben. Was waren das für Leute, welche sich daran gesetzt haben, den Code zu knacken? Kann das jeder oder braucht es dazu spezielle Fähigkeiten?
Ein Name, der im Zusammenhang mit der Lösung des Rätsels immer wieder auftaucht, ist Tekk.nolagi. Er ist seit der Cicada Angelegenheit extremst paranoid, weshalb man nicht viel über ihn weiß. Lediglich sein Alter von 15 Jahren zum Zeitpunkt des ersten Cicada Rätsels ist bekannt. Tekk wurde direkt nach der Veröffentlichung auf den 4chan Post aufmerksam, weil ein Freund ihm den Beitrag in der Schule zeigte.
Er löste die ersten beiden Verschlüsselungsverfahren relativ schnell und trat dann einem Online Chat über Cicada bei. Dort lernte er Marcus kennen.
Marcus Wanner ist ebenfalls einer der bekanntesten „Cicada Solver“. Im Jahr 2012 war auch er gerade 15 Jahre alt. Er sagt von sich selbst, dass er Problemen lieber aus dem Weg ging. Deshalb verbrachte er seine Zeit meist drin vor seinem alten Computer. Diesen hatte ihm sein Vater, von Beruf Elektroingenieur, geschenkt. Um seinen Online-Konsum zu kontrollieren, stand er allerdings im Wohnzimmer der Familie. Die Internetzeiten waren streng begrenzt und er war immer unter Aufsicht der Eltern.
Dann bekam er endlich einen eigenen Laptop, welchen er auch in seinem eigenen Zimmer nutzen durfte. Für Marcus eine neu entdeckte Freiheit. In diesem Freudentaumel stieß er am 7. Januar 2012, 2 Tage nach der Veröffentlichung des ersten Posts, auf Cicada. Eigentlich ist er kein großer Fan von solchen Rätseln. Anfangs war er sich nicht sicher, wie ernst der Post auf 4chan gemeint war. Aber an diesem Abend hatte er Langeweile und begann mit der Lösung.
Im Chat verstanden sich Tekk und Marcus gut. Sie erkannten schnell, dass sie die ersten Rätsel schneller als andere gelöst hatten und wollten ihre Fähigkeiten bündeln. Deshalb eröffneten sie ihren eigenen Chat und rekrutierten nur die, welche in ihren Augen geeignet waren, bei der Lösung des Rätsels behilflich zu sein. Sie nannten sich Team #decipher und waren ungefähr 10 Leute, welche sich alle über 4chan kennengelernt haben. Wenn man heute über Cicada recherchiert, findet man sehr viel zu #decipher. Daraus kann man schlussfolgern, dass sie sehr erfolgreich agierten.
Das Team löste jedes Rätsel, weil Sie für alles einen passenden Experten in ihrer Gruppe hatten. Bis zu einem Punkt. Nach einem Countdown wurden am 13. Januar 2012 Koordinaten auf einer Website gepostet. Ab diesem Punkt begann Tekk paranoid zu werden. Bis hierher war das Rätsel nur digital. Doch nun verschwamm es mit der Realität. Was passiert, wenn man im echten Leben an diesen Koordinaten auftaucht? Tekk war sich unsicher. Keiner aus der Gruppe hatte die Möglichkeit zu diesen Koordinaten zu kommen. Aber Sie hatten Glück. Jemand aus Team #decipher hatte einen Bruder, welcher in Sydney lebt und durch diesen kamen Sie an ein Bild mit einem QR Code.
“We want the best, not the followers. Thus, the first few there will receive the prize.”
Diese Nachricht fand #decipher auf der Website des QR Codes. Zu diesem Zeitpunkt begann das Team, gezielt falsche Hinweise zu streuen. Dadurch wollten sie verhindern, dass andere vor Ihnen das Rätsel lösten.
Eines Abends loggte sich Tekk in seinen Computer ein und jemand hatte seine wahre Identität herausgefunden und postete Bilder mit seiner Familie und Adresse. Das machte Ihn noch viel paranoider und er begann das ganze immer mehr zu hinterfragen. Das war kein Einzelfall, die Anzahl der Teilnehmer am Rätsel schwand. Vor allem durch die zunehmende Komplexität, immer mehr Teilnehmer waren den Aufgaben nicht mehr gewachsen. Aber auch aus Angst vor Leuten, die mit Gewalt o.ä. drohten. Marcus ließ sich nicht davon aufhalten, er wollte das Ziel unbedingt erreichen. Und auch Tekk blieb im Team, auch wenn ihm immer mehr Zweifel kamen.
Eine weitere Person, welche Cicada gelöst haben soll war Joel Eriksson. Er war 34 Jahre alt und Entwickler sowie Kryptosicherheitsforscher aus Schweden. Er erfuhr erst etwas später von dem Rätsel. Aber er wollte es trotzdem versuchen, da er aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen mit solchen Aufgaben vertraut war. Doch es war deutlich komplexer als erwartet. Leider kam er an einem Punkt nicht weiter. Nicht weil es seine Fähigkeiten überschritt, sondern weil er zu spät war. Der Darknet Zugang war gesperrt worden. Nur die Schnellsten wurden weiter gelassen und er war keiner davon. Er war enttäuscht. Schließlich hatte er einen großen Teil des Puzzles allein gelöst. Viele die schneller waren, hatten das durch Kooperation erreicht. Aber Eriksson war trotzdem zufrieden mit sich selbst. Er löste eines der komplexesten Rätsel die es im Internet je gab in weniger als 3 Wochen und das machte ihn stolz.
Marcus, Tekk und rund 20 Weitere hatten diesen Punkt des Rätsels rechtzeitig erreicht und wurden informiert, dass Sie das Rätsel gelöst haben. Einige Tage nach der Mail, wurden die „Rekruten“ in einen Darknet Chat eingeladen. Sie sollten Software für Cicada entwickeln. Aber ein Großteil der Teilnehmer stieg aus. Auch Tekk, er hat die Auswirkungen des Rätsels auf sein reales Leben nicht verkraftet und sich total zurückgezogen. Marcus war der Letzte, der übrig blieb. Aber auch er war erschöpft. Es machte ihm Spaß, virtuell mit anderen zusammenzuarbeiten. Allein fühlte er sich hilflos. Am 5. Januar 2013, ein Jahr nach dem ersten Rätsel wurde ein neues veröffentlicht. Marcus hoffte, dass er endlich wieder Unterstützung bekam. Doch er hörte nichts von ehemaligen Rekruten und kurz darauf konnte er nicht mehr auf die Darknet Seite zugreifen.
Die letzten Punkte mit der Benachrichtigung per Mail, der Einladung ins Darknet und der Rekrutierung als Softwareentwickler sind nicht eindeutig belegbar. Nur die Teilnehmer selbst könnten das bestätigen. Aber Team #decipher war unter den „Cicada Solvers“ durch ihren schnellen Fortschritt bei den Rätseln durchaus bekannt und es ist durchaus möglich, dass die Beiden von Cicada kontaktiert wurden.